Menü
Fund des Monats - Dezember
Entdeckungen in der Alzeyer Steinhalle
In der Steinhalle des Museums Alzey sind einige interessante Bildsteine zu finden – Quellen für das Leben in der provinzialrömischen Zeit. Besonders Darstellungen von Göttern geben uns Auskunft über das geistige Leben in der Antike, das sich von dem des heutigen europäischen Menschen stark unterscheidet.
Eines dieser Zeugnisse ist der Magna-Mater-Stein, der den Kybelekult in unserer Region belegt. Der großen Mutter wurde gehuldigt, indem ein Blutritual ausgeübt wurde. Ursprünglich wegen der Selbstverstümmelung der Priester verpönt, breitete sich dieser Kult in der vorchristlichen Kaiserzeit zunehmend aus. Nun wurde ein Stier geopfert, mit dessen Blut ein Novize besprengt wurde.
Ein anderer zentraler Punkt der Religionsausübung war die musikalische Begleitung, ohne die der Kult nicht vollzogen werden konnte. Wir können davon ausgehen, dass der Musik weniger eine untermalende, sondern vielmehr eine tragende Rolle zukam. Durch den lauten Klang der Instrumente und der Gesänge gerieten die Gläubigen in Ekstase und drückten ihre Verbindung zur Götterwelt aus. Die Musik, die dazu geklungen hat, können wir zwar nicht mehr hörbar machen, der Steinmetz machte uns die Musik durch die Darstellung des Instrumentes jedoch sichtbar.
Auf dem Magna-Mater-Stein ist das Hauptinstrument des Kybelekultes dargestellt: eine Doppel-Schalmei mit aufgesetztem Horntrichter, eine sogenannte „Phrygische Tibia“. Die Tibia oder Aulos sind Instrumente mit Doppelrohrblatt, bei dem der Ton durch zwei gegeneinander schlagende Holzzungen erzeugt wird. Der Schalltrichter, der für einen rauen Klang sorgen sollte, war während der Kaiserzeit eine der gebräuchlichsten Formen unter den zahlreichen Tibia-Varianten. Die Bedeutung im Kybelekult erhielt das Instrument wohl durch ihren schrillen Klang, der für das Ritual erwünscht war. Die Tibia war aus dem Musikleben nicht wegzudenken, so dass man sie – neben Orgel und Kithara – als typisches Instrument der Römerzeit ansprechen kann.
Auf einem anderen Fragment in der Alzeyer Steinhalle ist ebenfalls eine Kultszene dargestellt. Zu sehen ist ein faltenreiches Gewand zusammen mit einem rohrartigen Gegenstand. Handelt es sich auch hier um eine Tibia, um eine Schöpfkelle für das heilige Wasser des Isiskultes, einen Weihestab? Wir können es nicht endgültig klären. Vielleicht bietet aber gerade das Fragment des Steines mit seinen ungeklärten Fragen viele Möglichkeiten, über die Aspekte des Römischen Lebens in Rheinhessen nachzudenken und regt uns an, noch weitere spannende Ausstellungsstücke neu zu betrachten.
Literatur
Cüppers, H. (Hg) : Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990.
Kloft, H.: Mysterienkulte in der Antike. München 2006.
Petrikovits, H.v.: Novaesium. Das römische Neuß. Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn. Herausgegeben zur Sonderausstellung "Das römische Neuß" im Herbst 1957. Köln Graz 1957.
Vendries, Chr.: Antike Gesänge und Musikspektakel. AID 4/2002: 26-27.
Bildnachweis
GDK, Referat für Archäologische Denkmalplflege
Heike Büchler M.A.